Sausthaler Kapelle

1847 ließ Michael Ulmer aus Sausthal die Dorfkapelle in seinem Garten errichten.


Mehrfach baten die Bewohner um die Genehmigung zum Bau einer Kapelle, damit sie wenigstens einen Ort hätten, wo sie eine „gemeinsame Andacht“ abhalten könnten. Jedoch alle diese gut gemeinten vorhaben scheiterten letztlich an den überzogenen Planungsvorgaben des Kreisbaumeisters und somit an den viel zu hohen Kosten. So wollte z.B. der Wirt Simon Schmaus bereits um 1840 eine Kapelle in Rappelshofen bauen. Jedoch die veranschlagten Kosten von 326 fl konnte er nicht aufbringen.

1847 setzte sich dann der Kleingütler Michael Ulmer von Sausthal über die behördlichen Auflagen kurzentschlossen hinweg und ließ ohne „polyzeiliche Genehmigung“, aber mit Billigung des Pfarrers Hilz von Kelheim, „eigenmächtig“ eine Dorfkapelle in seinem Garten errichten. Den Plan hierzu ließ es sich vom Maurermeister Michael Schmid aus Painten zeichnen. Nach diesem Plan erbaute dann der Maurer Joseph Schmid aus Walddorf mit vielen freiwilligen Helfern aus Sausthal den Putzbau mit dem für die Landschaft typischen Kalkplattendach. Aus Sparsamkeitsgründen wurde statt eines kleinen gemauerten zwiebelförmigen Türmchens ein hölzerner Dachreiter als Glockenturm verwendet.

Die 22 Pfund schwere Glocke hierzu stiftete dann der Steinmetzmeister Jakob Ihrler von Neukelheim. Die Freude der Sausthaler über ihre neue Kapelle wurde jedoch bald getrübt. Beim Landgericht Kelheim war nämlich zur Anzeige gekommen „daß in dem Weiler Sausthal eine Kapelle gänzlich ohne wissen und Genehmigung der kgl. Regierung erbaut worden wäre“. Das Landgericht drohte mit dem sofortigen Abbruch und stellte dem Michael Ulmer wegen seiner „Unbotmäßigkeit“ eine strenge Strafe in Aussicht. Erst nachdem sich Pfarrer Hilz für den Erhalt der neuen Kapelle einsetzte und gar den Bischof einschaltete, gab die Regierung nach und ordnete einen „sofortigen Umbau“ gemäß dem neu erstellten Plan des Kreisbaumeisters Schmidtner an. Die nicht unbeträchtlichen Umbaukosten sollte danach der Besitzer „aus eigenen Mitteln“ zahlen.

Erst nachdem sich Michael Ulmer verpflichtet hatte, die Kapelle gemäß des „Schmidtnerschen Planes“ umzubauen und die spätere Baulast für die Kapelle zu übernehmen, genehmigte am 11. März 1848 der Minister Thon Dittmer im Auftrag „seiner königlichen Majestät“ den Kapellenbau nachträglich.

Ulmer führte dann trotz einiger Anmahnungen den Umbau letztlich doch nicht durch. Vermutlich zögerte er den geforderten Umbau so lange hinaus, bis man schließlich bei der Kreisbauhörde zu Landshut den ganzen Vorgang schlicht und einfach „zu den Akten“ legte.

Endlich, am 17. Juli 1850 erhielt dann das Pfarramt Kelheim vom Bischöflichen Ordinariat die Erlaubnis, die Kapelle „nach der Vorschrift der Diözöse“ zu weihen. Auch erlaubte man dem Pfarrer von Kelheim, dass er „gelegentlich in der Kapelle das heilige Meßopfer feiern dürfe, weil die Entfernung zum Pfarrsitze für die Kinder und alten Leute zu groß wäre“.

Nachdem es dann „auf der Brand“ eine Kirche und einen Priester gab, fand regelmäßig im Jahr ein feierlicher Bittgang zur Kapelle nach Sausthal statt.

Mehrfach renovierten die Sausthaler durch Eigenleistung „ihre“ Dorfkapelle. Dabei zeigte sich immer wieder eine beispielhafte Opferbereitschaft und ein echter Gemeinsinn der kleinen Dorfgemeinschaft. Mag zwar heute der Stifter Michael Ulmer vergessen sein, seine Kapelle lebt aber weiter. Sie erinnert bis heute an die Zeit, in der die Menschen trotz größter Armut und Bedrängnis für ihren Glauben große Opfer brachten.

[Quelle: Erich Hafner, Geschichte von Ihrlerstein, 1998]